Pfennig Bau
Oschatzer Allgemeine - 1. Februar 2013

Von den Legosteinen zur Maurerkelle

Kooperatives Studium im Bauingenieurwesen

Ein Job im Büro kam gar nicht infrage, sie wollte lieber auf der Baustelle arbeiten. Aber auch studieren. Das kooperative Studium im Bauingenieurswesen ist für Johanna Pietsch die perfekte Kombination.

Die 19-Jährige strebt gleich zwei Abschlüsse auf einmal an: Sie wird 2015 als Maurerin ihren Facharbeiter machen und 2016 das Studium an der HTWK in Leipzig mit dem Bachelor of Engineering abschließen. Im Unterschied zu anderen dualen Studiengängen wird beim kooperativen Studium zwischendrin ein ganzes Jahr ausschließlich an der Uni verbracht. Für Johanna eine simple Sache: „Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach: immer wenn keine Uni ist, ist Ausbildung.“

Dann lernt sie fachspezifische Kenntnisse oder steht mit der Maurerkelle für Pfennig Bau auf der Baustelle – als eine von sehr wenigen Frauen. „Im Studium sind wir vier Frauen und 24 Männer, in Oschatz bin ich in einem reinen Männerbetrieb.“ Pfennig Bau hatte natürlich des öfteren Frauen auf der Baustelle, geschont werden sie nicht. Das lehnt Johanna ohnehin ab. „Die sollen mich nicht schonen, ich will ganz dabei sein“, sagt sie bestimmt.

Zur Baustelle hat es sie schon früh gezogen. „Ich wollte Architektin werden, seit ich mit dem Legokasten gebaut habe. Dann sagte ein Bekannter: Werd doch lieber Bauingenieur, die haben mehr Ahnung.“ Seit der neunten Klasse wusste sie, was sie einmal machen wollte. Steine setzt sie immer noch, wenn auch nicht die von Lego. Außerdem verrichtet sie im praktischen Teil ihrer Ausbildung auch Putz-, Sanierungsund Restaurierungsarbeiten.

Für die Sanierung einer Schule in Oschatz wurde ihre Firma im letzten Jahr sogar beim Denkmalpflegepreis mit dem dritten Platz ausgezeichnet. „Das freut mich vor allem für die Kollegen. Ich hab da meine Probearbeit gemacht, meine Feuerprobe. Darauf war ich schon stolz. Ein kleines Stück unter der Fensterbank, das habe ich vorgespachtelt!“, lacht sie.

Schwer findet Johanna die Arbeit nicht. Vor allem in der praktischen Tätigkeit sieht sie auch ihre Zukunft. Als Bauleiterin, vielleicht. „Mich zieht es nach draußen, deswegen fühle ich mich auf der Baustelle so wohl. Nur darstellende Geometrie in der Uni, das ist heftig“, gibt sie zu. Studium und Baustelle zugleich findet Johanna aber machbar: „Man muss schon anpacken können. Wer sich nicht schmutzig machen will, wäre hier eh verkehrt.“
Bildunterschrift:
Für den kooperativen Studiengang im Bauingenieurwesen braucht Johanna Pietsch beides: die Maurerkelle für die Praxis und den Ordner für die Wissenschaft.

Foto: Juliane Groh